„Mit unbändiger Spiellust“ – Badische Zeitung

Von Bach – erinnert sei an die „Kunst der Fuge“ – bis heute: Die musikalische Bandbreite beim Raschèr Saxophone Quartet ist respektheischend. Mit einem Jubiläumskonzert und einer neuen CD feiert das renommierte Ensemble jetzt sein 50-jähriges Bestehen. Die CD ist die erste gemeinsame Produktion mit den beiden befreundeten Jazzern Roger Hanschel und Steffen Schorn, die denn auch mit eigenen Kreationen gebührend vertreten sind. Auf einer Scheibe, die als würdigen Epilog auch ein von Schorn geschaffenes Klagelied auf ein langjähriges Ensemblemitglied enthält: den im Mai nach schwerer Krankheit verstorbenen Baritonsaxophonisten Kenneth David Coon.

Die Raschèrs in Sextett-Besetzung. Auch hier die bekannten Klangtugenden: warm, wohlgeformt, profiliert, expressiv und bar jeder Erdenschwere. Was man auch nimmt: Den Interpreten ist unbändige Spiellust zu bescheinigen. Schön, wie die Musik nach dem sanften Einstieg mit Hanschels titelgebendem Opus in die Gänge kommt, lebhafter wird, sich latente Polyphonie einstellt. Dass Jazzer beteiligt sind: Man hört es. Sie werden gleichsam eins mit den Raschèrs. Sehr oft ist da die Virtuosität ein Thema. Präzis greifen die Rädchen ineinander: bei dieser Mixtur aus Komponiertem und Improvisiertem. Auch das Meditative erhält Raum. Sogar für Scherzo-Witz ist in Schorns „Manic Maelzel“ Platz, wenn des Metronom-Erfinders süffisant gedacht wird.

Und wenn man das Programmkonzept internalisiert und sich längst eingehört hat, gibt es plötzlich ganz getragene Klänge. In Hanschels „Regeneration & Blend“ meldet sich ein untextiertes Choralidiom. Kirchensound. Ein Schachzug, der hier beinah exotisch wirkt. Doch unter anderem die Überraschung macht unser Leben süß. Choral und Gewusel schließen einander keineswegs aus – im Gegenteil. Sogar in die Welt des scheinbaren (oder stilisierten) Kinderlieds wird man geführt – bei Schorns „Wo Kommt Denn Des Her“. Das Lied als Musizieranlass. Improvisation inklusive. Ein hübsches Stück, das peu à peu komplexer wird.

Und geschliffene, farbige, ungemein vollkommen wirkende Wiedergaben, die alle das erklärte Credo des Ensembles auf den Punkt bringen: „Aufbruch – Tradition – Zukunft“. Diverse Stücke, Heterogenes, das sich dann zur musikalischen Gesamtimpression fügt: Davon lässt man sich gern umgarnen – gerade im Jubiläumsjahr. Merke: Das Saxophon kann sehr viel. Und das Herz ist weit.

Johannes Adam, Badische Zeitung